Michel Friedman: Eigentlich wäre es jetzt der ideale Zeitpunkt, um zu streiten. Das Parteiensystem wird nicht mehr durch zwei gleich starke Blöcke repräsentiert: konservativ und sozialdemokratisch. Die darin enthaltenen Weltbilder haben sich differenziert, und dank dieser Pluralisierung sind mehr Debattenplattformen entstanden. Die Verstopfung, die durch die Stammwählerschaft entstanden war, hat sich pulverisiert.
Harald Welzer: Das ist auch ein demografisches Phänomen.
Friedman: Die Vorhersehbarkeit des Stammwählers, der unabhängig davon, was immer auch in dieser Welt passierte, seiner Partei die Stimme gegeben hat, ist aufgelöst. Die SPD ist deswegen kurz vor dem Konkurs. Aber auch die CDU hat jetzt nicht mehr die Sicherheit, die sie einmal hatte.